Apulien, die Malediven und die Erkenntnis, wie gut es einem geht

Nach so vielen Städtchen zieht es uns wieder ans Meer. Wir setzen unsere Fahrt Richtung Otranto fort und wollen danach in den Südwesten Apuliens.

Als wir am Castello in Otranto ankommen, ist gerade die Schule zu Ende. Mütter und Väter holen ihre Kinder ab. Mit viel Palaver und der typischen italienischen Aufgeregtheit, die aber in den seltensten Fällen eine ist.

Ich reg mich wirklich auf, denn ich habe die Speicherkarte für den Fotoapparat im Notebook stecken lassen. So langsam wird es echt Zeit für Thai Ginseng.

Also muss mein altes Handy herhalten.

Otranto-Tarent
Otranto-Tarent

Otranto ist eine schöne Hafenstadt. Hier wirkt alles sehr aufgeräumt. Als wir von unserem Stellplatz zum Centro Storico laufen, begegnen wir sogar einer Baukolonne, die die Straße neu asphaltiert. Eine absolute Seltenheit in Italien.

Das vieles in Otranto anders läuft, mag daran liegen, dass Norditaliener die kleine Stadt als Urlaubsziel entdeckt haben. Und für die betuchten Gäste aus dem reichen Norden muss man natürlich einiges bieten.

In der Stadt ist wieder einmal nicht viel los. Außerhalb der Ferien zu reisen hat schon Vorteile. Lediglich vor der Kathedrale ist etwas Andrang. Sie besticht durch ihr Bodenmosaik und das wollen natürlich alle sehen. Von der Festung aus hat man einen schönen Blick über den Hafen und die Gassen des historischen Zentrums. Und das Meer. Seine Farbe gibt uns schon einen Vorgeschmack auf unser nächstes Ziel, die Malediven. 

Otranto-Tarent

In Otranto haben wir Schweizer getroffen. Sie haben uns für unsere nächste Etappe die Küstenstraße nach Leuca empfohlen. Sehr schön und mit dem Wohnmobil gut zu fahren. Dann machen wir das doch. Die Strecke ist wirklich sehr schön. Wir kommen am Cap di Otranto vorbei, dem östlichsten Punkt Italiens. Im ersten Örtchen das wir durchfahren zeigen sich aber auch die Tücken der Strecke. Es ist eng. Schweineeng! Wir müssen an einer Straßenecke mehrmals rangieren. Doch dafür erhalten wir tolle Ausblicke auf das adriatische Meer. Ab Leuca nehmen wir dann die Schnellstraße zu unserem Zielort Riva di Ugento.

Wir lenken den Wohnmobs auf den gleichnamigen Campingplatz. Er liegt direkt am Meer. Hier sollen die Malediven Italiens sein. Die Spannung steigt.

Ein riesengroßer Platz. Jetzt in der Nebensaison aber fast leer. Schön angelegt. Die Stellplätze sind unter Kiefern. Hier treffen wir auch die Vanbesatzung aus Konstanz wieder. Wir sind uns schon in Vieste begegnet. Ja, in dieser Reisezeit kennt man sich.

Dann will ich sie endlich sehen, die Malediven. Und da sind sie.

Der Hammer!

Das ist echt unbeschreiblich schön hier. Gut, außer Strandurlaub ist hier nicht viel. Aber mehr ist ja auf den Malediven auch nicht. Dafür bekommt man tollen Sand und herrliches Meer. Und das ist jetzt Ende September noch richtig warm. Denn: Ich war im Wasser und das will etwas heißen.

Hier bleiben wir ein paar Tage. Irgendwann muss man sich ja auch mal von dem ganzen Stress erholen. Auch ein heftiges Unwetter kann uns nicht wegbewegen. Selbst als unsere Schuhe vor dem Wohnmobs davon schwimmen und das Stromkabel komplett unter Wasser liegt, wir bleiben.

Nach vier Tagen geht es für uns weiter. Wir wollen nach Matera in die Basilikata. Auf dem Weg dort hin wollen wir noch Tarent mitnehmen. Die Stadt der zwei Meere liegt auf dem Weg, also warum nicht. Schon bei der Anfahrt auf Tarent sind wir etwas skeptisch. Die weithin sichtbaren Schlote deuten eher auf eine Industriestadt hin, als auf Sehenswürdigkeiten. Doch auf der Isola del Borgo Antico soll man in die Geschichte der Stadt eintauchen können, die bis zur Bronzezeit zurückreicht.

Doch dahin muss man erst einmal kommen. Vor allem mit einem Wohnmobil. Ein absolutes Verkehrschaos. Eng, hektisch und eine zusätzliche Busspur, die nicht nur Busse sondern auch Roller oder anderes „Getier“ nutzen, macht die Sache nicht einfacher. Aber wir wollen auf diese verdammte Insel. Aus dem Radio scheppert Kraftklub, „Ich will nicht nach Berlin“. Umgetextet ist schnell: „aaaaaaaaahaaaa, ich will nicht nach Tarent!“

Aber es hilft ja nix, zurück geht es ja auch nicht.

Dank guter Nerven erreichen wir dann doch noch den Parkplatz am Fischereihafen. Von dort aus gehen wir los. Und es ist echt krass, was wir sehen. Die meisten Häuser sind total heruntergekommen und zerfallen. 

Otranto-Tarent

Teilweise gucken die Stahlträger schon heraus. Und hier wohnen noch Menschen. Was für ein Kontrast zur Neustadt, durch die wir auf der Anfahrt zur Insel gefahren sind. Hier und da sieht man die Bemühungen, die alten Häuser zu erhalten oder wieder aufzubauen. So heben sich die Kathedrale San Cataldo oder die Chiesa di San Domenico Maggiore von den restlichen Ruinen deutlich ab. 

Aber Kirchen gehen in Italien ja immer. In dem einen oder anderen Palazzo sind Hotels untergebracht. Auch die Universität findet auf der Insel ihren Platz. Doch für den Erhalt dieser vielen tollen Bauten und der Wohnungen vieler Menschen wird man viel Geld benötigen. Und ob dies da ist? Wohl eher nicht.

Mir wird mal wieder bewusst, wie gut es uns geht. Wir können so eine Reise machen, wir wohnen in einer schönen Wohnung und müssen uns über unsere finanzielle Situation keine Sorgen machen. Man macht sich zu selten bewusst, dass es auch Menschen gibt, denen es bei weitem nicht so gut geht. Und so verlassen wir Tarent sehr nachdenklich und fahren weiter Richtung Matera.