Hindeloopen ist nicht Italien – meine Annäherung an Holland

Hindeloopen

Freitagmorgen. Wir gehen noch schnell auf einen Sojacappuccino im Bubbles vorbei. Wohnmobs steht schon startklar auf dem Parkplatz. Letzte Stärkung bevor es nach Hindeloopen geht.

Irgendwie kann ich mich mit Holland noch nicht so anfreunden. Warum? Keine Ahnung. Wahrscheinlich wegen der Wetteraussichten. Der Norden ist jetzt nicht gerade bekannt für ausgiebige Sonnenbrände. Also warum hinfahren?

Wäre ich jetzt auf der Esoterik-Lebenshilfe-Laber-Schiene im Netz unterwegs, dann würde ich sagen:

„Ich wollte endlich am eigenen Körper erfahren, ja spüren, warum ich diese Abneigung empfinde. Wollte zu mir selbst und zu den Holländern finden.“

Alles Quatsch. Wir sind bei Schwiegerpapi auf seinem Geburtstag eingeladen. Und da es von Wuppertal nicht mehr so weit ist, bietet sich Holland einfach an.

Nachdem wir uns von der Bubbles-Crew verabschiedet haben starten wir den Boliden und rollen auf die Autobahn. Wir haben eine gute Zeit erwischt und kommen mit geschmeidigen 100 Stundenkilometern gut voran. Unser erstes Ziel ist ein Vorgarten in einer Stadt im Bergischen Land. Dort basteln Sabine, Claudia, Michael und Andreas an ihren fahrbaren Einfamilienhäusern herum. Wir haben Spaß! Reden viel blödes Zeug. Also ich halt. Und halten alle von der Arbeit ab. Doch der nächste Termin ruft leider viel zu früh und wir müssen weiter.

In Wuppertal angekommen dürfen wir Wohnmobs auf dem Parkplatz der Partylocation abstellen. Direkt unter der BVB-Fahne des Wirtes. Coole Sache. Dann geht es mit den Hamburger Freunden zum Anfeiern. Gegen Elf klettern wir erschöpft in den Alkoven und schlafen mit einem leisen „You never walk alone“ auf den Lippen ein.

Der Samstag verläuft bis zur Party unspektakulär. Ein wenig Sightseeing, ein wenig Ausruhen bevor es dann zur Party geht. Für uns praktischerweise nur über den Hof. Irgendwann am Abend finde ich mich mit Jens und Manfred aus Hamburg im gerade von mir gegründeten Gentlemen`s Club an der Bar wieder. Ziel unserer Zusammenkunft: Die Restbestände an Ouzo aus dem öffentlichen Verkehr zu ziehen. Wir haben Spaß und verabreden uns spontan zu Mittsommer 2018 in Schweden.

Am nächsten Morgen werde ich von allen nochmal auf mein Schweden-Date 2018 hingewiesen. Als ob man mir das nochmal sagen müsste. Nach dem Frühstück verabschieden wir uns artig und machen uns auf den Weg nach Hindeloopen. Je weiter wir uns nach Nordwesten begeben, um so schlechter wird das Wetter. Habe ich es nicht gesagt?

Doch die Landschaft gefällt mir. Plattes Land, hat aber was.

Wir lassen uns auf einem Campingplatz in Hindeloopen direkt hinterm Deich nieder. Und schon kommt die Sonne raus. Habe ich es nicht gesagt?

Zeit für uns Richtung Damm zu gehen, um uns mal das Ijsselmeer anzugucken.

Hammer schön hier. Wir genießen die Sonne und versuchen ein paar Schäfchen zu streicheln. Aber das erweist sich als schwierig. Wir erklären ihnen, dass wir Veganer sind und sie nichts zu befürchten haben. Scheint sie aber nicht weiter zu interessieren. Gut, unser holländisch ist nicht so gut. Vielleicht lag es daran.

Frustriert gehen wir duschen und anschließend nach Hindeloopen. Städchen angucken und was essen. Hindeloopen ist cool. Durch den ganzen Ort gehen Grachten. Vor vielen Häusern liegen kleine Boote. Hier hat jeder seine eigene Anlegestelle.

Wir finden eine Pizzeria. Lecker Essen zum Abschluss eines ersten schönen Tages in Holland.

Am nächsten Morgen bin ich schon früh unterwegs auf dem Campingplatz. Schon am Morgen überall nur freundliche Gesichter. Also von den Holländern! Wir Deutsche haben da manchmal noch etwas Nachholbedarf.

Mein absoluter Liebling ist der lustige Kassier im Campingplatzlädchen,  Nachdem man bezahlt hat schmettert er einem ein freundliches „Fjine Dag“ hinterher und grinst dabei wie ein Honigkuchenpferd. Überhaupt sind alle Holländer hier sehr nett.

Die nächsten Tage verbringen wir mit relaxen, Strandspaziergänge und natürlich mit Radfahren. Das Wetter ist, bis auf wenige Ausnahmen, auch top. 

Da ich die letzten Monate extrem faul war und auch nicht mit dem Mountainbike in den Bergen kommt mir und meiner Plauze das flache Friesland sehr entgegen. Mit dem durchdachten Fahrradwegesystem ist das Navigieren kein Problem. Einfach vorher kurz in die Karte schauen, Wegpunktenummer merken und schon kann es losgehen. Die zahlreichen Kanäle werden über Brücken überquert. Einmal geht es sogar unter dem Kanal durch und zweimal werden wir charmant über den Kanal geschippert. Um die kurze Fahrt zu überbrücken gibt es an Bord Holländische Lakritze.

Wir fahren nach Stavoren und Warkum. Und es macht richtig Spaß. Jeder Ort hat seine Besonderheiten. Und alle super schön.

Mitte der Woche ging es nach Makkum. Das Wetter hatten wir gecheckt. Die Vorhersage war zwar nicht rosig aber es sollte trocken bleiben. Wir fahren also so vor uns hin, als wir am Horizont dunkle Wolken entdecken. Und nun? Bis nach Makkum sind es noch zehn Kilometer. Zurück nach Warkum gerade mal drei. Aber aus der Richtung kommt das Wetter. Ok, wenn wir Vollgas geben müssten wir es doch vor dem Wetter nach Makkum schaffen. Doch was kann ich aus der Plauze noch rausholen. Wir entscheiden uns für den kurzen und plauzentechnisch machbaren Rückzug. In Warkum trinken wir kurz einen Kaffee und wenn der Regen vorbei ist geht es weiter. Soweit die Theorie. Kurz vor Warkum fängt es an zu schütten. Innerhalb von Sekunden sind wir klatschnass. Da hilft es auch nicht, noch kurz die Regenjacke überzuwerfen. Wir liefern uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit etlichen Fussgängern um die letzten Unterstellmöglichkeiten. Wir schaffen es bis zu Kirche. Aber das ist jetzt auch voll egal. Nass ist nass.

Hindeloopen

Wir warten ab bis der Platzregen aufhört und starten dann nach Hindeloopen. Mit nasser Unterbuxe radelt es sich nicht so angenehm nach Makkum. Wir rasen an der ersten Windmühle vorbei und sehen schon wieder dunkle Wolken auf uns zukommen.

Hindeloopen

Ein Kilometer vor Hindeloopen sind alle Wolken auf einmal verschwunden. Die wollen uns verarschen. Uns kommen Fahrradfahrer mit trockenen T-Shirts und kurzen Hosen entgegen. Immerhin sorgen wir mit unseren durchnässten Klamotten für Aufsehen. Hat auch was. Am Campingplatz nehmen wir trotz 25 Grad erst mal eine warme Dusche. Und nach so einem Tag hat man schon wieder einen Grund es sich abends richtig gutgehen zu lassen.

Bei diesem einen Wetterchaos blieb es aber in der ganzen Wochen. Freundliche Menschen, tolles Land und Wetter passt. Holland rockt.

Ich habe meine Lektion verstanden. In Zukunft werde ich netter zu dir sein.

Hindeloopen