Michelangelo und der Barbier von Noto

Noto

Kennt ihr das auch? Man lässt nur ungern fremde Friseure, Barbiere oder Ärzte an den eigenen Körper. Früher war es ja auch nur Wasser und CD. Doch was tun, wenn man schon wochenlang unterwegs ist? Meine Frisur, eine Mischung aus Jupp Heynckes und Donald Trump, lässt sich ja noch unter einer Mütze verstecken. Aber was, wenn der Bart in alle Richtungen wuchert und man nicht gerade wie Catweazle aussehen möchte? Ducatoaußenspiegel eignen sich für die Selbstrasur nur bedingt. Ich habe es probiert. Ein Barbier könnte helfen.

Und wie es das Universum so will, laufen wir in Noto direkt auf einen zu. Also rein da!

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Hmmm… ich weiß nicht. Und wenn der es nicht kann? Schließlich hat es ja eine Weile gedauert bis der Bart die Länge hatte. „Los jetzt!“ Angela macht Druck. Also gut. Etwas nervös nehme ich die Klinke in die Hand: Geschlossen! Puh, Glück gehabt. Ein Mann ruft uns aus dem Café nebenan zu: „Tornerà in 5 minuti“. Ok, wir warten. Eine Viertelstunde. Dann gehen wir los. Wir wollten uns ja Noto anschauen.

Noto ist eine absolute Hammerstadt. Soviel Bauwerke – wenn die meisten davon auch Kirchen sind. Aber schön ist es hier allemal. Wir gehen zur Kathedrale San Nicolo und dem gegenüberliegenden Palazzo Ducezio. Sehr beeindruckend.

Alberto von unserem heutigen Übernachtungsplatz meinte zu uns, Noto sei eine kleine Stadt. Da ist man mit angucken schnell durch. Doch hier gibt es so viel zu sehen. Und wenn man nichts mehr findet, dann kann man sich immer noch in eine der vielen Bars und Cafés setzen und einfach die Stimmung aufsaugen.

Unser Stadtspaziergang führt uns irgendwann unweigerlich wieder zurück zum Barbershop. Und jetzt ist er da! Mist! Allora, auf die Zähne beißen und durch. Mauricio kann kein Englisch und ich kein Italienisch. Das wird lustig. Aber meine pantomimischen Fähigkeiten scheinen ihn auf die richtige Spur zu führen. Es ist nur noch kurz zu klären, ob er mit Messer oder mit der Maschine rasieren soll. Für die Konturen auf jeden Fall Messer. Ist doch klar. Als ich so darüber nachdenke, geht mir ein Licht auf. Mauricio ist fest entschlossen, den ganzen Bart wegzunehmen. Ich bringe gerade noch so etwas wie „solo modulare“ hervor. Er guckt erschrocken, ich gucke erschrocken. Aber jetzt ist alles klar. Er macht sich an die Arbeit. Ganz ehrlich? Entspannt bin ich erst, als er fertig ist. Aber er hat es perfekt gemacht. Grazie mille. Auch dafür, dass der Bart noch dran ist.

Ganze 8 Euro hat der Spaß gekostet. Da könnten sich unsere super coolen Hipster-Barbershops mal ein Beispiel daran nehmen. Man muss keine 36 Euro verlangen, um gute Arbeit abzuliefern.

Frisch gestylt geht es weiter auf der Tour. Wir kommen in den oberen Teil der Stadt zur Chiesa del Crocifisso als uns ein alter Mann anspricht. Auf Italienisch, aber er spricht sehr langsam und wir verstehen recht viel. Ob wir in die Kirche wollen? Sì. Dann müssten wir uns unbedingt die weiße Madonna von Francesco Laurana anschauen. Alle würden sich nur die Kathedrale anschauen. Aber diese Kirche hier eher selten. Auch von Michelangelo erzählt er uns. Allerdings verstehen wir nicht ganz, was er mit dieser Kirche zu tun hat. Vielleicht war es aber auch nur sein Bruder, der hier mal Priester war. Nach seiner tollen und interessanten Geschichtsvorlesung verabschiedete er sich freundlich: „Buona giornata“!

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Wir schauen uns die Madonna an und gehen dann wieder in den unteren Stadtteil. Denn wir verspüren ein leichtes Hungergefühl. Im Picnic gleich gegenüber des Palazzo Nicolaci gibt es vegan. Hier lässt es sich aushalten. Gut gesättigt geht es zurück zum Wohnmobil und von dort aus noch ein wenig an den Strand.

Sonne, Wind und Meer – aber der Bart hält.

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